Ausstellung 2022 Stralsund

Jasper Herrmann hat in Stralsund reichlich Spuren als Architekt hinterlassen. Besonders ein Gebäude im Hafen hatte einst für Schlagzeilen gesorgt. Nun stellt er erstmals Zeichnungen mit Architektur-Bezug, aber auch persönlichen Motiven aus. 11.07.2022, 07:01 Uhr

 Stralsund. Aquarelle, Acryl- und Ölmalereien entspannen ihn in den Ruhestunden, obwohl sie für ihn doch zum Berufsbild gehören. „Wir haben es damals im Architekturstudium noch als Handwerk gelernt. Das ist heute leider nicht mehr so“, meint Jasper Herrmann. Er hat nicht nur Gebäude gezeichnet, an deren Sanierung er Anteil trägt, sondern hat längst auch verschiedenste Stralsund-Ansichten gesammelt. Mit 65 Jahren stellt er seine Arbeiten nun erstmals aus. Im Wintergarten und Keller der Goldschmiede Stabenow in der Badenstraße sind die Werke zu bewundern.

Der Architekt und Künstler Jasper Herrmann stellt seine Zeichnungen derzeit in den Galerieräumen bei Juwelier Stabenow aus. © Quelle: Wenke Büssow-Krämer

In seinen in den Acryl- und Ölarbeiten dargestellten Selbstporträts oder Zeichnungen von Bruder, Lebensgefährtin oder Freund im Keller zeigt er dabei seine persönliche Seite. Den Architekten im Künstler erkennt man in den vielschichtigen Darstellungen – Isometrien genannte technische Zeichnungen – des Rathauses oder Wulflamhauses, die als Draufsicht trotzdem Einblicke in alle Stockwerke geben. Diese stammen tatsächlich noch aus der Zeit, in der er sich dienstlich mit diesen Objekten auseinandersetzte.

Als Architekt im Dienste der Stadt

Von 1983 bis 86 war Jasper Herrmann als Architekt in der Abteilung Denkmalpflege der Hansestadt Stralsund beschäftigt und hat somit die Sanierung vieler bedeutender Stralsunder Bauwerke – wie beispielsweise 1985 die Sanierung des Wulflamhauses – begleitet. Auch für die Sanierungen von Nikolaikirche, Meeresmuseum oder dem Kulturhistorischen Museum war er zuständig.

Nachdem er 1986 einen Ausreiseantrag gestellt hatte, wurde er jedoch aus dem Dienst entlassen. Ein Jahr lang war er noch als freier Architekt in Stralsund tätig, bevor er 1987 nach England auswandern konnte. Nach der Wende pendelte der Architekt dann zunächst ab 1990 zwischen London und Stralsund, bevor er sich ab 1994 wieder gänzlich in der Hansestadt niederließ und im Stadtgebiet seine Spuren hinterließ.

Die Provokation in Orange

Für sein Haus in der Hafenstraße 12 (Hafeninsel) erhielt der Architekt Jasper Herrmann Kritik und Anerkennung. Die Stadt entzog ihm daraufhin öffentliche Aufträge. © Quelle: Wenke Büssow-Krämer

Für reichlich Zündstoff und Aufsehen in Stralsund sorgte er dann 1997 mit dem Lückenbau des Hauses in der Hafenstraße 12. Manche Stimmen kritisierten die moderne Fassade in Orange in der Hafenumgebung. Zu provokativ war das neue Domizil seines Architekturbüros offenbar auch für den einstigen Oberbürgermeister, der ihm in der Konsequenz öffentliche Aufträge durch die Stadtverwaltung entzog. Das Bürgerkomitee „Rettet die Altstadt“ reagierte darauf noch im gleichen Jahr mit der Verleihung des „Sonderpreises für zeitgenössische Architektur“. „Ich habe damals aber auch in der Stadt viel Unterstützung bekommen, gerade von Architekten. Da gab es viel Solidarität seitens der Kollegen“, erinnert sich Jasper Herrmann. Auch in den folgenden Jahren konnte er sich noch über mehrere Bauherrenpreise freuen.

Mit der „Provokation in Orange“ gewann er im August 1998 außerdem noch den Wettbewerb der Westfälischen Hypothekenbank für vorbildliche Gewerbebauten, den Landesbaupreis Mecklenburg-Vorpommern, sowie den 1. Preis für vorbildliche Architektur von der Arbeitsgemeinschaft historischer Städte der Bundesrepublik Deutschland. Und auch sonst hat der umstrittene Bau seiner Karriere keinen Abbruch getan. Seit 2000 ist er als Gutachter tätig, war von 2001 bis 2004 Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Architekten in MV, von 2001 bis 2008 als Professor an der Hochschule Wismar tätig und ist auch heute noch als freier Architekt und Professor an der Hochschule Buxtehude im Einsatz. In unserer Region lag zuletzt die Sanierung und Restaurierung der Hiddenseer Kirche in seinen Händen.

Das Zeichnen als Grundlage für Architekten

In seiner Aufgabe als Professor möchte er seinen Studenten nun vor allem auch wieder das Handwerk des Zeichnens ans Herz legen. „Als Architekt hat man auch ein Handwerk zu erlernen, dazu gehört bei uns das Zeichnen. Heute wird dies zum Teil vom Computer übernommen. Aber dieses Wissen kommt langsam wieder zurück. Das Zeichnen ist Grundbedingung. Nur unser Gehirn kann räumlich denken. Man muss wissen, wie ein Raum entsteht“, so Jasper Herrmann.

Für ihn ist es aber nicht nur blanke Theorie mit dem dienstlichen Hintergrund, sondern auch Entspannung. Die meisten Bilder in seiner Ausstellung sind erst in den letzten beiden Corona-Jahren erstanden. „Diese Zeit bot reichlich Gelegenheit, das zu machen, was mir Spaß macht. Ich bin nicht der Mensch, der sich in den Sessel setzt und in die Luft guckt, es sei denn mit dem Zeichenblock“, meint der Architekt.

Noch bis zum 16. September ist die Ausstellung bei Stabenow zu besuchen. Hier ist auch der Stralsund-Kalender erhältlich, der einige der gezeigten Bilder dann in Kleinformat wiedergibt.

Von Wenke Büssow-Krämer
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